Margot Friedländer Preis für Antisemitismusprojekt der Gesamtschule Waldbröl
„Von Mäusen und Katzen – Antisemitismus in und um Waldbröl“
Für ihr herausragendes Engagement wurden Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Waldbröl von der „Schwarzkopf Stiftung Junges Europa“ mit dem Margot-Friedländer-Preis ausgezeichnet. Die nach der 101 Jahre alten Überlebenden des Holocaust benannte Auszeichnung wird seit 2014 an junge Menschen vergeben, die sich in Projekten der Holocaust-Erinnerung und dem Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus widmen.
Ende des Jahres wurden 5 Vertreter und Vertreterinnen der Arbeitsgruppe nach Berlin eingeladen, besichtigten dort das jüdische Museum und das Holocaust- sowie das Porajmos-Mahnmal. Im Rahmen eines Festaktes wurden die Schülerinnen und Schüler von der Holocaustüberlebenden Margot Friedländer und der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Max-Liebermann-Haus empfangen und zu ihrem wichtigen Projekt beglückwünscht. Sie erhielten dort von der 101-jährigen Margot Friedländer persönlich den Preis überreicht. Das Projekt, mit dem die Schülerinnen und Schüler die Jury des renommierten Preises überzeugten, hieß „Von Mäusen und Katzen - Antisemitismus in und um Waldbröl“.
Im vergangenen 9. Jahrgang lasen die Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht die Graphic Novel „Maus – Mein Vater kotzt Geschichte aus“ von Art Spiegelman. In dieser Graphic Novel werden die Kriegserlebnisse des jüdischen Polen Wladek Spiegelman erzählt. Diese waren geprägt von Verfolgung, Enteignung, Verlust und Ausbeutung in Auschwitz. Von den Erzählungen beeindruckt ergab sich unter der Schülerschaft die Frage: „Und das geschah vor 80 Jahren auch bei uns?“. Das Interesse war geweckt, sodass ab Januar 2021 die 12 Schülerinnen und Schüler Alisa Beumer, Alexandra Fell, Luisa Reifenrath, Laureen Ludwig, Sidra Hussein, Dalibor Salamun, Torben Schumacher, Lasse Faulenbach, Kai Ekkart, Jonathan Weitkemper, Neele Hönscheid und Leonie Nagel in wöchentlich Treffen die Geschichte Waldbröls im Nationalsozialismus recherchierten. Mit Hilfe des Stadtarchivs, der Bürgermeisterin Larissa Weber und einigen Einwohnerinnen und Einwohnern Waldbröls konnten die Schicksale der drei jüdischen Familien Bettelheiser, Salomon und Elias aufgearbeitet werden sowie die Vorhaben und Umsetzungen der aktiven Nationalsozialisten in und um Waldbröl nachverfolgt werden. Auch aktuelle politische Wahlergebnisse Waldbröls nahmen die Schülerinnen und Schüler unter die Lupe und stellten sich die Frage, ob Ausgrenzung gesellschaftlicher Gruppen und demokratiefeindliche Strukturen auch heute noch in Waldbröl Wählerstimmen erhalten.
Um die Rechercheergebnisse möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, insbesondere der jüngeren Generationen, entschied sich die Gruppe für eine Wanderausstellung mit QR-Codes. Entstanden sind Mäuse- und eine Katzenfigur in Anlehnung an die Graphic Novel. Die Vorlagen stammen von Burak Altinel aus der Jahrgangsstufe Q2 der Gesamtschule. Jonathan Weitkemper, Kai Ekkart, Neele Hönscheid, Lasse Faulenbach und Dalibor Salamun flexten die Stahlfiguren mit Unterstützung der Firma Gebr. Hönscheid e.K aus. Außerdem entstanden aus den recherchierten Informationen ein Video zum geplanten Bau der „Adolf-Hitler-Schule“ von Jonathan Weitkemper, Lasse Faulenbach Dalibor Salamun und Torben Schumacher, ein Podcast zu Robert Ley von Luisa Reifenrath, Laureen Ludwig und Sidra Hussein, ein Interview mit der Bürgermeisterin Larissa Weber und ein Schaubild mit einem Parteiprogrammvergleich der AFD und NSDAP von Leonie Nagel. Zusätzlich erstellte die Gruppe einen BIPARCOURS zu den jüdischen Familien Waldbröls. Mithilfe dieser kostenlosen APP können Interessierte durch Waldbröl zu den ehemaligen Häusern der jüdischen Familien geführt werden, erfahren das Schicksal der Familien und können interaktiv Fragen und Aufgaben zu den Informationen beantworten. Beispielsweise wurde die Familie Bettelheiser in Waldbröl Opfer der Nacht der Novemberprogrome 1938, als man das Schaufenster ihres Modegeschäftes zerstörte und den Besitzer auf offener Straße misshandelte. Trotz Augenzeugen wurden die Täter nie ausfindig gemacht.
Weitere Recherchen zu aktuellem jüdischem Leben in der Umgebung Waldbröls, dem noch ausstehenden Stolperstein für die Familie Bettelheiser und einige Interviews stehen aktuell noch aus, um die Ausstellung zu erweitern. Die Ausstellung steht aktuell in der Gesamtschule Waldbröl und wurde im November bereits bei der Verleihung des Jugendkulturpreises des „Netzwerks gegen Rechts“ des oberbergischen Kreises ausgestellt. Die Schüler und Schülerinnen hoffen, dass sie ihre Arbeitsergebnisse bald auch im Rathaus für die breite Öffentlichkeit anbieten können.
Nach der Preisverleihung fand ein reger Austausch der Gäste mit den Laudatoren statt. In einem Gespräch dankte Margot Friedländer den Schülerinnen und Schülern nochmals für ihr Engagement und mahnte, wie wichtig es ist, sich für die Menschlichkeit zu engagieren. Alisa Beumer lud im Austausch mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas diese kurzerhand nach Waldbröl ein, um sich die Ausstellung dort anzuschauen. Frau Bas sicherte zu, die Einladung gerne anzunehmen und ihr Heimat-Bundesland zu besuchen, um die Wanderausstellung „Von Mäusen und Katzen - Antisemitismus in und um Waldbröl“ zu erleben.